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Gerade eben habe ich im Fernsehsender arte eine Reportage gesehen, in der das Werk des Photographen James Nachtwey gezeigt wurde. Seine Bilder machen betroffen. Natürlich habe ich diese schon des öfteren gesehen. Jedes Mal habe ich dabei versucht, die Art und Weise, wie diese Bilder hart an der Grenze entstanden sind, kritisch zu sehen. Mit dieser Reportage habe ich gelernt, zu differenzieren. Denn mindestens genauso wie die Bilder hat mich die Motivation des Photographen berührt.


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1. Respekt vor dem Menschen

Auf der einen Seite gibt es die Journalisten, Photographen, Kameraleute und Berichterstatter, die mit möglichst grauenvollen Bildern und Darstellungen ihr Geld verdienen. Sie leben davon, dass andere Leute sterben, und das meist auf grauenvolle Weise. Auf der anderen Seite gibt es die Idealisten, die andere Menschen aufrütteln wollen. Sie wollen mit ihren Bildern etwas bewegen. Sie wollen erreichen, dass die Betrachter von den Bildern berührt werden, angestachelt werden, etwas gegen das Elend und die Ungerechtigkeit zu tun. Sie treten den Menschen, die sie photographieren, mit Achtung und Respekt gegenüber. Zu diesen zähle ich seit dem heutigen Abend eindeutig James Nachtwey. Warum erst seit heute? Weil ich mich davor noch nicht so intensiv mit seiner Arbeit beschäftigt habe und weil mir diese Reportage die Augen geöffnet hat über sein Werk und wie es dazu kommt.

In dem Filmbeitrag war zu sehen, wie er arbeitet. Wie er im ehemaligen Jugoslawien die Exhumierung von Massengräbern photographiert, wie er die Lebensweise von verarmten Familien in Jakarta in Bildern festhält, wie er Aufstände mit seinen Canon Kameras begleitet, wie er bei Fotoaufnahmen den beißenden Qualm in Schwefelminen einatmet, wie er auf einer Müllhalde zusammen mit Kindern, die dort für 80 Cent am Tag arbeiten, knöcheltief im Morast steht, wie er mitten im Kugelhagel und Reizgasangriff Photos von Steine werfenden Jugendlichen macht. Wie er immer wieder bewußt an Grenzen geht, um Bilder zu bekommen, mit denen er aufrütteln kann.

In Interviews und Monologen verrät er, wie er über seine Arbeit denkt und warum er sie macht. Er weiss wohl auch, dass es ein schmaler Grat ist, auf dem sich Photographen in seinem Spezialgebiet bewegen, ein Grat zwischen Idealismus und Kommerz.

2. Machart des Films

Freunde von ihm kommen zu Wort und verraten, was er aus Bescheidenheit nicht erzählt. Man sieht, wie er 'Zuhause' seine Bildauswahl trifft und wie er mit einem Laboranten die Entstehung von großen Abzügen abstimmt. Die großen Fachabzüge sind für eine Ausstellung bestimmt, deren Eröffnung ebenfalls im Film zu sehen ist. In ihr wird sein Lebenswerk in einer Retrospektive über 20 Jahre geehrt.

Der Filmbeitrag ist unter anderem mit außergewöhnlichen Mitteln entstanden. So wurde teilweise an seine Photokamera ein kleine Fingerkamera befestigt, die ihn ständig begleitet hat, und die einmal ihn gezeigt hat, wie er photographiert und das andere Mal aus seiner Perspektive mit dem Photoapparat angeschnitten im Vordergrund, was er photographiert. Dazu hört man immer den jeweiligen Originalton mit den Kamerageräuschen. Diese teilweise hektischen Sequenzen wechseln sich mit ruhigen Phasen ab, in denen er in alltäglichen Situation gezeigt wird, zum Beispiel, wie er seine Ausrüstung packt, wie er von A nach B kommt. Oder in denen er selbst oder seine Freunde zu Wort kommen, um über ihn und sein Wesen zu sprechen.

3. Fazit und Links

Alles in allem entsteht durch die Reportage ein rundes Bild des Photographen, dessen Arbeit und dessen Einstellung zum Leben zum nachdenken anregen.


Die Reportage "War Photographer" vom Regisseur Christian Frei wurde am 25.11.2002 um 22:20 Uhr im Fernsehsender Arte ausgestrahlt.

Weitergehende Informationen zu der Sendung erhalten Sie unter


http://www.arte-tv.com/emission/emission.jsp?node=98159&lang=de


und über den Photographen erfahren sie mehr unter


http://www.war-photographer.com/


http://www.time.com/time/photoessays/shattered/


http://www.pbs.org/newshour/gergen/jan-june00/nachtwey_5-16.html


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