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"Die goldene Stadt" - nicht zum ersten Mal reiste ich nach Prag, um Thomas die Stadt zu zeigen, die mich immer wieder in ihren Bann gezogen hatte - doch war ich gespannt, ob dieser Zauber noch immer bestand.

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1. Erster Eindruck


Bei der Anreise mit dem Auto hielt ich gleich danach Ausschau, was doch gleich den ersten Reiz ausmacht: Die Pracht der Häuser. Diese einzigartigen Fassaden aus Gotik, Renaissance, Barock und Rokoko (besonders am Altstädter Ring) ebenso wie die verspielten Jugendstile am Moldaukai und im uralten Judenviertel wurden im zweiten Weltkrieg verschont. Damit diese Kulisse, gespickt mit den vielen, oft vergoldeten Turmspitzen und Zimmern der vielen Kirchen, auf Thomas wirken konnten, ließen wir das Auto (wozu einem auch jeder Reiseführer rät) in der Parkgarage stehen, fuhren mit der Straßenbahn in die Innenstadt und erkundeten die Karlsbrücke: das Muß für jeden Prag Touri.

Photo: Karlsbrücke mit Blick auf die Kleinseite

2. Karlsbrücke


Schon allein, wie sich diese berühmteste Brücke der Stadt, begrenzt von zwei mächtigen Türmen, in 16 Bögen über die Moldau erhebt, ist ein mittelalterliches Meisterwerk. Dieses verbindet über 500 Meter Länge Kleinseite und Altstadt. Die Brücke ist von mehr als 30 steinernen, barocken Heiligenfiguren gesäumt, welche erst einige Jahrhunderte später aufgestellt wurden. Die Pracht dieser Brücke untermauert im wahrsten Sinne des Wortes das faszinierende Panorama, was sich dem Besucher Prags mit Blick zum höher gelegenen Hradschin (Burg und Burgviertel) bietet.


Heute wird der von Peter Parler 1357 konstruierte Verbindungsweg besonders als Flaniermeile genutzt, wo viele Künstler ihre musikalischen oder handwerklichen Künste zur Schau stellen. Besonders idyllisch und beeindruckend wirkt die Brücke im abendlichen, warmen Licht der Laternen. Wir genossen den Blick vom Altstädter Brückenturm und flanierten dann Richtung Altstädter Ring.

3. Altstädter Ring


Dieser gigantische Platz raubt einem fast den Atem mit seinem ringförmig aufgelegten Stilexempel der Gebäude, in deren Mitte ein gigantisches Denkmal steht. Dieses erinnert an den 1415 auf dem Scheiterhaufen von Konstanz verbrannten tschechischen Reformator und Rebellen gegen den Papst. Heutzutage lädt das Monument, deren Figuren an den Stil Rodins erinnern, mit zahlreichen Bänken umrundet, ein, inne zu halten und die Kulisse mit dem angenehmen Trubel wirken zu lassen. Auch auf diesem Platz sind viele Musiker anzutreffen. Kaffes und Restaurants laden ein, den Hunger und Durst zu stillen. Besondere Aufmerksamkeit sollte man aber dem Altstädter Rathaus schenken, nicht zuletzt wegen der aus dem 15. Jahrhundert stammenden astronomischen Uhr, welche stündlich den Schaulustigen das Spektakel der Einleitung des Apostelzugs durch den Sensenmann zeigt. - Viele ließen hier durch Hinrichtungen oder durch die Schlacht am weißen Berg 1621 ihr Leben.


Ein weiterer Blickfang am Altstädter Ring ist die Teynkirche mit ihren imposanten 80m hohen türmen, welche aus dem 14. Jahrhundert stammt. Auch das gotische Innere der dreischiffigen Basilika ist einen Besuch wert. Dort befindet sich auch das älteste Prager Taufbecken.

Nachdem wir dann bereichert mit eineigen Programmzetteln der Kirchenkonzerte der nächsten Tage eine nette Bar für unser sehr leckeres Abendessen - leider hatten sie kein Gulasch mit Knödeln - zu uns genommen hatten, war der erste Nachmittag vorbei. Was macht man nun in Prag in zwei Tagen? Am nächsten Tag besuchten wir den Wentzels Platz.

4. Wentzels Platz


Am Ende dieses von vielen Geschäften gesäumten länglichen Platzes steht das Wahrzeichen Prags: Das Nationalmuseum mit der Wenzelsstatue davor. Dieses Standbild, umrandet von vier anderen Schutzheiligen, wurde seit 1918 zum Zentrum patriotischer Demonstrationen, am bekanntesten ist wohl die Selbstverbrennung des Studenten Jan Palach 1969, dessen heute noch mit Blumen und Kerzen am Grabstein gedacht wird. Auch dieser Platz ist wieder in der Abendstimmung imposant, wenn sich Denkmal und Museumskuppel darüber erheben.


Wir schauten in viele Kirchen, Parkanlagen, aber auch in das ein oder andere Geschäft (die Preise sind inzwischen den deutschen angepasst), erkundeten die Gallusstadt (???), gönnten uns eine sehr günstige Thaimassage, die wir uns nach dem vielen Gehen verdient hatten. Wir bummelten durch die vielen Gassen zur Karlsbrücke zurück, über diese hinweg und erkundeten die Nerudagasse, die steil zum Hradschin führt, das Burggelände.

5. Hradschin


Der St. Veits Dom inmitten der Burganlage, eine der großen gotischen Kathedralen Europas, deren Bau von König Johannes von Luxemburg (Reg. 1310 - 46) beschlossen wurde, aber erst 600 Jahre später vollendet wurde, war leider nicht zu besichtigen, da die Fassade restauriert wurde. Aber schon von außen ist dieser Dom mit der imposanten 'goldenen' Pforte, dem großen Turm mit 96,5m Höhe und den zahlreichen Kuppeln sehr eindrucksvoll. Die lange Bauzeit ist ein Grund für den Stilmix aus Gotik, Renaissance, Barock, Neugotik und Jugendstil.

Die Burg selber besichtigen wir nicht, weil es uns zu teuer ist und wahrscheinlich auch zu viel der kostbaren Zeit rauben würde - so viel ist noch zu sehen. Wobei es schon einzigartig ist, wie vom Hradschin Platz aus ein Palast neben dem anderen steht - platzbeherrschend der 'erzbischöfliche Palast' mit verspäteter Rokokofassade.


Den Nachmittag schlossen wir mit einem wunderschönen Kirchenkonzert in der St. Georgs Basilika, die sich auch noch in der Burganlage befindet, und abends dann mit einem Essen in mittelalterlicher Atmosphäre ab. Es war aber wirklich sehr schwer Gulasch und Knödel zu bekommen. Da Prag bekannt ist für seine kulturellen Angebote, planten wir, noch einen Abend in dieser Richtung zu verbringen, aber die Qual der Wahl ist groß: Oper, Ballett, Jazz oder - eher ganz Prag spezifisch - mit einem Schwarzlicht Theater, Marionettenspiel oder gar Laterna Magica?

6. Vysehrad und Jüdisches Viertel


Den nächsten Vormittag verbrachten wir auf einer großen Burganlage im Süden der Stadt, dem Vysehrad. Die Kirche Sankt Peter und Paul im Innern der Burganlage ist sehr schön und der nahe gelegene Friedhof ist letzte Ruhestätte vieler berühmter Tschechen, unter anderem Dvorak und Smetana. Nach einer kurzen Fahrt mit der Straßenbahn, der öffentliche Nahverkehr in Prag funktionieret wirklich erstaunlich einfach und unkompliziert und ist dem eigenen Auto unbedingt vorzuziehen, begeben wir uns ins jüdische Viertel. Die früher große jüdische Gemeinde hat jetzt nur noch 1000 Mitglieder. 80% davon sind älter als 60 Jahre. Fünf Synagogen sind erhalten und zu besichtigen, allerdings sind die Eintrittspreise hier völlig überteuert. Touristenanlauf ist der jüdische Friedhof: Grabplatten, die übereinander gestapelt sind, da die Gräber bei den Juden nicht aufgelöst werden dürfen. Typisch sind auch bei den jüdischen Grabstätten die persönlichen Beschriftungen der Steine, die größtenteils verwittert sind.


Pilgerziel ist das Grab des Rabbi Löw, an dem die Besucher Wunschzettel anbringen. Auch hier war aber der Eintritt so überteuert, dass wir nur durch die Mauerspalte geschaut haben. Sehenswert sind neben den Synagogen das Rathaus und die Gebäude und Geschäfte im Viertel allemal. Das Abendessen mussten wir kurz entschlossen auf später verschieben, da ...

7. Laterna Magica


... da wir schließlich noch um 20:00 Uhr die Laterna Magica Vorstellung 'Zauber Zirkus' besuchten: eine Kombination aus Musik, Film und Theater und Pantomime - ein einmaliges Erlebnis. Unseren Hunger stillten wir dann in einem Szene Lokal mit kubanischer Life Musik.

Im Großen und Ganzen kann ich sagen, dass Prag wirklich durch seinen Flair für mich die goldene Stadt bleiben wird, und immer eine Reise wert ist. Es gibt viel zu viel zu sehen und zu unternehmen. Selbst die Preise für kulinarische Köstlichkeiten sind noch größtenteils erschwinglich, obwohl der Massen Tourismus auch hier schon seine Spuren hinterlässt.