design

Tom DeMarco bei seiner Keynote auf der OOP2011

Die Lage normalisiert sich. Man findet sich schneller zurecht, weiß wo man eine Steckdose für seinen Laptop findet, wo sich welche Räume befinden und wie man die Zeit zwischen den Vorträgen am besten nutzen kann. Irgendwie fühlt man sich an alte Studienzeiten erinnert: Leute rennen von einem Vortrag / Vorlesung zur nächsten. Es schlafen weniger während der Vorträge (dafür kostet es hier einfach zu viel), aber es schreiben auch weniger mit (es ist wahrscheinlich noch nicht teuer genug). Ich finde es ist zu spannend und interessant, so dass man keine Wahl hat, und sich Notizen machen muss. Außerdem ist ein Druck spürbar, das erlernte umzusetzen, der Nachbar tut es bestimmt.

Artikel lesen

1. Change towards Agility

Peter Hruschka bei seinem Vortrag agiles Requirements-Engineering

Meine Vortragsreihe am Vormittag beginnt mit dem Thema 'Projekte retten - Szenen alltäglicher Dramen' von Peter Schnell und Thorsten Jung, die das Thema abwechselnd mit einer leichten ironischen Unternote bringen. Man könnte sie auch mit der Feuerwehr vergleichen: Sie kommen, wenn es brennt, sprich Projekte scheitern oder dies 'vorhaben'. Anhand von selbst betrauten Fallbeispielen kommen sie zum Fazit: verstehen(3x), kommunizieren(3x), point of no return?, ordnen (1x) und Verantwortung verteilen (wahrscheinlich immer wieder).

Der zweite Vortrag zum Thema 'Agile Offshoring - wie integriert man verteilte Teams?' wird von den beiden 1und1 Mitarbeitern Dominik Eul und Gergis Isaakides gehalten. Sie berichten darüber, wie sie in einem konkreten Fall Projekt-Aufgaben outgesourcet haben und es trotzdem geschafft haben agil zu entwickeln und die auswertigen Mitarbeiter in das Team zu integrieren. Es hat funktioniert.

Der krönende Abschluss für den Vormittag ist die keynote von Rainer Grau zu dem Thema 'Change towards Agility - oder - Was Sie schon immer über change wissen wollten, aber nicht zu fragen wagten'. In dem faszinierenden Vortrag kommt Grau auf das immer wieder-kehrende Problem, dass das Management bei seinen Entscheidungen selten Erkenntisse aus den Teams mit Entwicklern berücksichtigt und dadurch zu Fehlentscheidungen kommt. Seine Lösung: Eine Bewegung von unten. Das Team holt die Manager mit ins Boot. Damit verlagert sich, wie bei agile ein Teil der Verantwortung hin zum Team-Mitglied.

Auch das Mittagessen erinnert ein wenig an Studienzeiten (nein das Essen hier ist um klassen besser als in der Mensa), aber hier trifft man sich wieder, tauscht sich aus, und Alumni (wiederkehrende Teilnehmer) empfehlen Referenten, die sie von früheren OOPs kennen.

2. Collaborative Philosophie

Tom DeMarco beim Signieren von seinen Büchern

Der Nachmittag beginnt für mich mit einer Erleuchtung: Endlich mal jemand, der mir sagen kann, was alles in die story eines backlog items gehört. Peter Hruschka stellt in seinem Vortrag zum Thema 'Agiles Requirements Engineering' zwei grundsätzliche Regeln auf: Nie ohne Iteration Null anfangen und versuchen, die Iterations-Geschwindigkeit zu halbieren. Es geht (meistens). Er war ausserdem so freundlich mir sein neues Buch zu signieren: 'Adrenalin Junkies & Formular Zombies- typisches Verhalten in Projekten'. Ein weiterer Autor des Buches kommt später dran.

Das Highlight schlechthin dieses Tages war die fast schon philosophische keynote von Tom DeMarco zu dem Thema 'Collaborative Design'. Er kommt von der System-Definition auf der Basis von Aristoteles, über eine von Neumann Erklärung, warum sich Systeme so schwer begreifen lassen, über Fred Brooks Buch 'design of design' und der Frage, wie wir mit komplexen Systemen umgehen, ... kommt er zur Antwort auf die Frage, wie viel collaboration brauchen wir eigentlich: ein Zitat von Karl Erik Sveiby 'Trust is the bandwidth of communication'. Mit Tom DeMarco begreifen wir worauf es bei einem komplexen System wie der Zusammenarbeit beim Design ankommt. Danke. Den langen Beifall nahm der mittlerweile 70jährige entgegen und bedankte sich mit einer Signierstunde im Anschluss. So bekam ich auch die zweite Unterschrift unter der von Peter Hruschka und mein Exemplar von 'Der Termin' hat nun auch eine persönliche Widmung von ihm.

Aufgrund einer Empfehlung eines anderen Teilnehmers habe ich mich beim nächsten Vortrag für Prof.Dr. Gunter Dueck entschieden und wartete gespannt, was mich zum Thema 'Totale Industrialisierung - auch das business geht in die cloud' erwartet. Mit seiner augenzwinkernden Art und viel Humor zeigt Dueck auf, welche Produkte, Arbeitsplätze und Inhalte in die Cloud abwandern werden. Da davon auch Tätigkeiten und Produkte von Entwicklern, Software-Architekten und Managern gehören, empfahl er den anwesenden, sich darauf einzustellen. Genaueres steht außerdem noch in seinem neuen Buch, von welchem er zufällig ein paar Exemplare dabei hat, und die er gerne gegen eine Gebühr eintauschen würde, ansonsten hätte er beim nächsten Flug heute Abend Übergepäck. Durch die Begeisterung für den Professor angesteckt oder aufgrund der geschürten Existenzängste folgen viele gerne seiner Aufforderung.

Es ist spät geworden, aber die abschließende Frage und Antwort Stunde mit Tom DeMarco, Dr. Frances Paulisch und Jutta Eckstein möchte ich mir doch nicht entgehen lassen. Da es nach der keynote von Tom DeMarco keine Gelegenheit gab, Fragen zu stellen, richten sich die Fragen ausschließlich an ihn. Mir taten die beiden Ladies schon fast etwas leid, aber ich glaube sie gönnten ihm den Focus. War sein Vortrag schon philosophisch, so geriet man nach den berechtigten und anregenden Fragen aus dem Publikum noch mehr ins Grübeln, was man in der IT eigentlich so alles macht und vielleicht noch machen wird. Gute Nacht, ... und träumen Sie schön.